Der muntere Rollstuhlfahrer

Es war super, Swissair-Pilot zu sein. Ein Unfall veränderte alles. Trotz Querschnittlähmung fliegt Doros heute wieder eine Piper. 

 

Seinen grossen Chrysler parkte er direkt vor dem Restaurant auf einem Behindertenparkplatz, öffnete die Fahrer- und die Hintertür des Wagens und brachte mit ein paar perfekt eingeübten Handgriffen einen klappbaren Rollstuhl neben sich auf den Boden, in den er sich hineinsetzen konnte. Doros Michaelides, die meisten nennen ihn nur Doros, strahlt sehr viel Selbstvertrauen und Optimismus aus. Sein Rollstuhl ist heute ein ganz selbstverständlicher Teil von ihm. Der aufgestellte Mann mit athletischem Oberkörper scheint seine Behinderung als gegeben akzeptiert zu haben; sie hindert  ihn nicht, seine vielen Ideen und Projekte zu verwirklichen. „Ich habe nur viel zuwenig Zeit für alles“, meint der Unternehmungslustige.

 

Verheissungsvoller Start

 

Die ersten fünf Jahre seines Lebens verbrachte der Sohn einer Schweizerin und eines zypriotischen Vaters in Zypern, dann kam die Familie in die Schweiz. Ein  Onkel, der Testpilot in der Schweizer Armee war, nahm den kleinen Doros einmal auf einen Helikopterflug mit, und seitdem träumte er davon, Pilot zu werden. Vorerst hiess es aber zur Schule zu gehen. Nach der Matura interessierte er sich vorerst für IT- Projekte, lernte in den USA Englisch, begann ein Wirtschaftsstudium und wechselte dann in die SLS. Als Swissair-Pilot begann er drei Jahre später den Flugdienst auf Airbus A320. Mit andern Kollegen wurde er später der Lufthansa vermietet, wo er von Frankfurt aus operierend, eine andere Firmenkultur und ganz neue Destinationen kennen lernte. Zurück bei Swissair flog er dann für Balair zu all den attraktiven Ferienorten. „Das war eine turbulente, erlebnisreiche Zeit – ich war immer auf Achse“, meint Doros heute. Kurz vor dem Swissair Grounding endete seine fliegerische Karriere 2001 abrupt.

 

Ein fataler Unfall

 

Weil das Hinterrad des Motorrads bei langsamer Fahrt plötzlich blockierte, überschlug sich Töff und Fahrer, und Doros blieb mit schwerer Wirbelsäulenverletzung liegen; das  Rückenmark war eingeklemmt, er konnte die Beine nicht mehr bewegen. Sechseinhalb Stunden dauerte es, bis er endlich ins Unispital Zürich kam. Sechs Mal wurde er operiert, drei Monate lag er im Bett. Die  vielen Schmerzmittel machten ihn fast „high“, so glaubte er, dass alles nicht so schlimm wäre. Er hoffte auf baldige Besserung. – Im hoch spezialisierten Balgrist-Spital Zürich und in der Reha-Klinik Notwil lernte er mit Laufroboter sich wieder zu bewegen. Dort wurde alles unternommen, um ihn wieder in den Alltag zu integrieren. Nach nur drei Monaten konnte er wieder Autofahren und bestand eine spezielle Fahrprüfung. Mit dem Kauf eines neuen Autos gewann er ein grosses Stück an Normalität zurück.

 

Die Freude an Motoren ist geblieben

 

Mit dem Schicksal zu hadern ist Doros  Sache nicht, lieber macht er sich nützlich. Heute engagiert er sich als unabhängiger Unternehmer für ganz unterschiedliche Bereiche. So kümmert er sich in einer Zürcher Pizzeria um Administration, Personalwesen und Homepage und organisiert verschiedene Events mit allem Drum und Dran. – Zuvor gründete der Unermüdliche eine Firma, die Quads (Vierrad-Töffs) für Rollstuhlfahrer umbaut und in der ganzen Schweiz vertreibt. Heute bauen sie auch Autos um, die dann nur mit Händen bedient werden können. Mit seinem eigenen „Shelby Cobra“-Oldtimer fährt Doros Bergrennen, ohne aber Geschwindigkeitsrekorde brechen zu wollen. Grossen Spass machte ihm das „Arosa Classic Car Rennen“.

 

Zurück in die Lüfte

 

Eineinhalb Jahre nach dem Unfall wollte der ehemalige Swissair-Pilot auch wieder fliegen. In einer Piper, in welcher er die Pedale mit einem speziellen Hebel auch mit den Händen bedienen kann,  erneuerte er in der Flugschule Grenchen seine Privatpilotenlizenz und erhielt vom Chefarzt des BAZL seine Zulassung. Doros ist der einzige Schweizer, der nun auch an internationalen Rollstuhlpiloten-Treffen teilnimmt. – Wen wundert es, dass der Willensstarke auch die Berufspilotenlizenz wieder haben will, um dann eine Ausbildung zum Fluglehrer machen zu können. Schön wäre es für ihn, wenn er mit der Fliegerei auch wieder Geld verdienen könnte, ob als Fluglehrer oder als Pilot auf Transport- oder Touristenflügen.

 

 

 

Swissair News 4 / 2011