Sogar den Tenno fotografiert!

Fotografiert von René Burri
Fotografiert von René Burri

Beat Pfändler gelingt es mit seiner Feinfühligkeit, etwas erlebbar zu machen, was man sonst nicht sieht. So öffnen sich ihm auch sonst verschlossene Türen. Als einziger Ausländer durfte er sogar den japanischen Kaiser porträtieren.

 

 

Sie waren ein Hit, die grossformatigen Porträts von Flight Attendants und Piloten, die einst im Tunnel vom Parkhaus zum OPS-Center ausgestellt waren. Beat Pfändler, professioneller Fotograf und zugleich Maître de Cabine, hatte vierzig seiner Kolleginnen und Kollegen in ihrer Freizeit porträtiert. Ihm gelang es, die gefühlsmässige Verbundenheit der Fliegenden untereinander und damit auch  den legendären Swissair-Spirit sichtbar zu machen. Diese Porträts sind jetzt im neuen Buch „off duty“ wieder zu sehen, zusammen mit je einem heutigen Bild der gleichen Personen. Dazu hat die ehemalige News Redaktorin Trudi von Fellenberg sehr einfühlsame Texte geschrieben. Diese dokumentieren, wie die Porträtierten die schwierigen letzten zehn Jahre verkraftet haben, den Absturz von Halifax, den Swissair-Untergang und den Neustart bei Swiss. Einige litten schwer darunter, anderen gelang es leichter, wieder Tritt zu fassen.

 

„Ich wollte mit diesem Buch nicht auch noch die Verantwortlichen des Swissair-Untergangs anklagen, sondern die Geschichten der Menschen erzählen, die zu dessen Opfern geworden sind“,  erklärt Beat Pfändler. Die neuen Fotos sind Reportageaufnahmen, die einen gewollt starken Kontrast zu den früheren Porträts bilden. „Sie drücken aus, wie der menschliche Umgang heute ist: effizient, optimiert, kalkuliert und pragmatisch-rücksichtslos“, präzisiert der Künstler fast etwas zynisch.

 

Die Kamera ist immer dabei

 

Schon als Vierjähriger hantierte der kleine Beat mit Fotokameras im Filmatelier seines Vaters. Er benutzte diese wie Spielzeuge. Sein allererstes Foto zeigt seine Mutter. Als Teenager wollte er dann möglichst verrückte und ausgefallene Bilder machen, als junger Berufsfotograf musste er später mit seinen Aufnahmen zeigen, wie wunderschön die Welt ist. Doch die wahre Kunst des Fotografierens erreichte er erst mit seinen Schwarz-Weiss-Porträts. Damit konnte er etwas zeigen, was man sonst nicht sieht. Auch während seiner Flugeinsätze hatte er stets seine Kamera dabei. Dem fliegerischen Beruf verdankt er wertvolle Menschenkenntnisse und den perfekten Umgang mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten. Während vieler Jahre war er auch als Fotograf im Swissair-Video&Foto-Team tätig. Es gab da viel Schönes, aber auch Frustrierendes. Der sonst eher sanfte Pfändler wurde jeweils sternsverrückt, wenn die Swissair immer wieder für teures Geld Aufträge für Werbefotos an externe Fotografen vergab, statt sie von ihrem eigenen Profi machen zu lassen. Dies kränkte ihn damals tief.

 

Erfolge und Auszeichnungen

 

Der nimmermüde Fotograf schaffte später noch fünfzig weitere Schwarz-Weiss-Porträts, diesmal von berühmten Persönlichkeiten wie Gorbatschew, der Dalai Lama, Anna-Sophie Mutter oder Roger Federer. Er konnte diese 2006 sogar an der Weltausstellung in Japan ausstellen und erhielt dafür ehrenvolle Auszeichnungen. „Es war für mich einzigartig, die Aura dieser Berühmtheiten zu spüren und sie auf eine sehr persönliche Art kennen zu lernen. Ich versuchte, sie als Ganzes zu erfassen und daraus sehr persönlich-intime Bilder zu entwickeln“, erklärt Pfändler mit leuchtenden Augen. Diese Bilder erschienen in seinem Fotobuch „Swiss Guest Book“. Absoluter Höhepunkt für den Porträtisten war die Begegnung und das Fotografieren des Tenno, des Kaisers von Japan. Damit gelang ihm etwas, was es nach kaiserlichem Protokoll eigentlich gar nicht geben durfte.

 

Die Faszination asiatischer Kultur

 

Unzählige Male flog der heute 56-Jährige nach Japan. Das Land der aufgehenden Sonne wurde seine zweite Heimat, seit er mit der zierlichen Yuko verheiratet ist. Als er sie zum ersten Mal in Hongkong traf, sie war eine der japanischen Swissair-Airhostessen, wusste er bereits nach fünf Minuten, dass sie seine Frau werden würde. Aus dieser Begegnung ist eine sympathische Familie mit heute zwei erwachsenen Kindern entstanden. So ist der Zürcher durch seine Frau auch zum Japaner geworden. Er verwöhnt heute seine Besucher mit Green Tea, den er mit japanischem Ritual gekonnt aufrührt. Die Familie lebt in Zürich in einer Wohnung mit herrlichem Blick auf den Zürichsee. Nach seiner Pensionierung in zwei Jahren wird er mehr Zeit für sein Fotoatelier haben, aber auch, um mit seiner Frau Yuko monatelang in Japan zu leben.

 

Swissair News 3 / 2009